Victoria, British Columbia, Kanada
Victoria, British Columbia, Kanada


Die Hauptstadt British Columbias
Tag 21: Victoria


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Echt kanadisch


Unser erstes Frühstück in der Hauptstadt BC's findet im Stehen in der kleinen Motellobby statt. Ein paar Danishs (süße Backwaren) gibt es bei Kaffee und Tee gratis zur Übernachtung dazu und wir buchen gleich ein Travellers Inn näher am Zentrum der Stadt.

Da wir bis 12:00 Uhr das Auto abgeben müssen, rollen wir Victoria von außen auf. Mit dem Craigdarroch Castle wollen wir beginnen, doch das viktorianische Schlösschen hat noch geschlossen, so daß wir mit den Gärten vor dem Government House beginnen.

Entenfütterung vor dem Government House Victoria, Kanada 2000


Wie in vielen Ecken der Stadt fühlt man sich hier nach England versetzt. Noch vor wenigen Tagen erkundeten wir Gletscher oder kämpften uns durch Schneestürme und nun schlendern wir zwischen blühenden Rosensträuchern und Hunderten anderer Blumen hindurch. Großherzig gibt Claudia die Reste eines Danish aus der Motellobby an eine Horde Gänsekinder, die sich gierig auf die Krumen stürzen und weder Rücksicht auf ihre Geschwister noch auf Claudias Finger nehmen.

Das Government House selbst ist geschlossen. Durch die großen Glastüren können wir nur einen Blick erhaschen auf einen warm erleuchteten Empfangsraum, in dem große Thronsessel stehen und Portraits von König und Königin die Wände zieren.

Zurück am Craigdarroch Castle hat sich der Parkplatz gefüllt und auch das Gebäude. Aus der Spende, von der unser Reiseführer als Eintrittsobulus spricht sind CAD 8 pro Person geworden, die wir uns leisten. Reizvoll sind die Antiquitäten, die die Zimmer ausschmücken und automatisch gewöhnt man sich einen vorsichtigen Schritt und eine leise Gangart an, um die altehrwürdigen Gemäuer nicht aufzuschrecken. Doch der Geist des Erbauers Robert Dunsmuir kann uns in diesen luxuriösen Räumen nicht erwarten, da er selbst die Fertigstellung nicht mehr erlebt hat.

Die Geschichte von Robert Dunsmuir selbst ist eine interessante. Als schottischer Einwanderer hat Dunsmuir als Minenaufseher für die Hudson Bay Company gearbeitet. Nach harter Arbeit erhielt er das Recht, eigenständig nach Kohle zu suchen und war nach Jahren erfolgreich. Sein großer Coup stand jedoch noch bevor, als E&N Railways jemanden suchte, der eine Bahnstrecke entlang der Ostküste Vancouver Islands baut. Während Dunsmuirs Konkurrenten versuchten aus dem Bau der Strecke einen Gewinn zu schlagen, kalkulierte er ohne Bedenken einen Verlust in sein Angebot ein, spekulierte jedoch auf die Landrechte, die mit dem Bau einhergingen. Denn mit dem Auftrag ging auch das Recht an den Landstreifen links und rechts der Strecke einher. Und der Plan ging auf. Dunsmuirs Angebot erhielt den Zuschlag, bei den Gleisarbeiten wurden mehrere Kohlevorkommen entdeckt und vielleicht war damit der erste kanadische Tellerwäscher zum Millionär geworden.

Die fünf Etagen des Castles sind wir inzwischen nach oben gestiegen, nutzen aus den Turmfenstern den Blick über Victoria und folgen der Treppe durch die Bedienstetenräume wieder hinab. Ein Shop, der sich am viktorianischen Stil des Gebäudes orientiert rundet mit edlen und englischen Artikeln das Craigdarroch Castle ab.

Unser letzter Ausflug mit dem Auto soll uns zum Strand führen. Unser Stadtplan zeigt uns den nächstgelegenen südwestlich von unserem jetzigen Standpunkt und wir machen uns auf den Weg dahin. Schnell verwandelt sich das britische Victoria in eine typisch amerikanische Kleinstadt. Einfamilienhäuser mit großen Vorgärten, ruhige Straßen, Yard Sales. Immer wieder lassen wir uns von einem Pappschild vom Weg zum Strand abbringen, landen mit zahlreichen anderen Interessenten in Vorgärten und Garagen unbekannter Einheimischer und kramen durch ihre Sachen. Letztlich finden wir eher kitschige denn spektakuläre Sachen, ein Star Wars-Kostüm, daß man bestimmt an Karneval hätte recyclen können, wird mir vor der Nase weggeschnappt.

Schließlich schaffen wir es doch zum Strand. Das Wetter ist bewölkt und das rauhe Wasser verbreitet eine Art Nordseeklima. Erneut können wir uns nur schwer zwischen einigen Schritten auf dem Strand und den Yard Sales der gegenüberliegenden Seite entscheiden. Wir machen schließlich beides, waten mit unserem Trekking-Schuhwerk durch den weichen Sand und stöbern erneut erfolglos in alten Sachen.

Zurück im Auto wehren wir uns zeitbedingt tapfer gegen den Reiz, noch mehr in der Vergangenheit der Einheimischen zu stöbern, passieren die Budget-Station, an der wir unser Auto abgeben sollen, checken unser Gepäck in unserem neuen Travellers Inn ein und kehren wieder zurück zur Budget-Station.

Ein Junge, der wohl für die Reinigung der Mietwagen zuständig ist, winkt uns in eine Parklücke ein und wir schalten den Motor aus. Es ist 11:40 Uhr und wir sind gut in der Zeit. Während ich unserem Mietvertrag aus der Armablage nehme und Claudia unseren kleinen Rucksack sortiert, wird uns schlagartig bewußt, daß wir diesmal gar keine Fuel Option gebucht haben und somit den Wagen vollgetankt zurückgeben müssen.

Mit leichter Panik fragen wir uns, wo wir im Herzen von Victoria schnell eine Tankstelle finden sollen, werfen den Motor wieder an und werden von mindestens genauso panikartigen Blicken verfolgt, als wir den Hof des Autovermieters wieder verlassen. Wahllos fahren wir stadtauswärts und haben Glück. Nicht allzuweit entfernt finden wir eine Tankstelle, tanken den Wagen voll und kehren zu dem diesmal unverständlich dreinschauenden Jungen zurück.

Wieder auf unsere eigenen Füße angewiesen, setzen wir die Erkundungstour fort. Die Christ Church Cathedral besuchen wir, sind enttäuscht, daß von St. Ann's Academy nur ein sehr kleiner Teil für Besucher zugänglich ist und überqueren die Straße zum Beacon Hill Park.

Der Park ist eine von vielen Grünflächen inmitten von Victoria. Mit 61 Hektar Fläche, Wiesen, Bäumen, Blumen, Teichen, Enten und Eichhörnchen gibt es hier hervorragende Möglichkeiten mitten in einer angenehm belebten Stadt auch einmal Ruhe zu finden.

Eichhörnchen im Beacon Hill Park Victoria, Kanada 2000


Doch es gibt auch einige Highlights im Park. So gibt es eine Open-Air-Bühne, bei der wir einen acapella-Chor beobachten bis er anfängt zu üben, ein Putting Green, auf dem ein Seniorenpaar geruhsam golft, einen der höchsten Totempfähle der Insel und den Mile Zero-Pfosten, an dem 8000 km Trans Canada Highway beginnen.

Auch wir nutzen den Park um unseren schon schmerzenden Füßen eine Pause zu gönnen und ein Lunch-Picknick einzunehmen. Von da aus geht es weiter zwischen den Totempfählen des Thunderbird Park zum Helmcken House. Auch hier avisiert uns der Reiseführer eine Spende als Eintritt, der mit viktorianischer Kleidung versehene Führer will jedoch einen satten Preis dafür haben. Zwar für eine Führung durch das älteste Gebäude der Stadt, das sich aber in seinem Glanz kaum mit dem Castle messen kann, das wir an diesem Morgen bereits absolviert haben.

Also passieren wir auch das Helmcken House und kehren in den Inner Harbour zurück, der uns bereits am Vorabend mit seiner mediteranen Lebhaftigkeit und der Silhouette des Parliament Building fasziniert hat.

Auch jetzt tobt das Leben hier, zu den Einheimischen haben sich Hunderte von Reisenden und Touristen gesellt, Künstler bieten Handwerk und Kitsch feil und ein Dudelsack-Spieler will uns erneut von der Überzeugung abbringen, in Kanada zu sein.

Das Parliament Building selbst macht beim heutigen Wetter einen wuchtigen, grauen Eindruck, die Größe allein wirkt allerdings immer noch majestätisch. Auf den Treppen des Gebäudes warten wir auf die nächste Führung, die kostenlos jede halbe Stunde angeboten wird und lassen uns in einer größeren Gruppe von einer jungen Studentin durch das ehrwürdige Gemäuer führen.

Nach gut 40 Minuten stehen wir wieder auf den Treppen des Parliament Building und setzen unseren Weg vorbei am Luxushotel The Empress zur Antique Row fort, einer Ansammlung von Antiquitätenläden, die Claudia allein erkunden muß. Ich bleibe nämlich auf halber Strecke hängen.

Seit ein paar Tagen bin ich auf der Suche nach einem Barbier, der das Goldgräbergeflecht aus meinem Gesicht entfernt. Schließlich muß man, wenn man das gesamte Gepäck auf seinem Rücken trägt schon abwägen, ob man einen Rasierapparat mitnimmt oder nicht. Ich hatte mich dagegen entschieden.

Dudelsackspieler vor dem Parliament Buildung Victoria, Kanada 2000


Ein kleiner Laden in einer Seitenstraße Victorias sollte mich wieder in einen Menschen verwandeln - und zwar nach meinen Vorstellungen. Mit dem jüngsten der drei Barbiere finde ich einen, der sofort Zeit hat, der Preis wird ausgehandelt, das Ergebnis festgelegt: Nach der Rasur soll ein Schnurr- und Kinnbart übrig bleiben.

Zum ersten Mal in meinem Leben liege ich in einem Barbierstuhl, meine Gesichtshaut wird massiert, warme Tücher werden darum gewickelt, um die Poren zu öffnen, ein Messer klappt auf und als Claudia wieder die Tür reinkommt, um sich das Schauspiel anzuschauen, liege ich da und wage kaum zu schlucken. Eine Schnittwunde am Hals läßt sich trotzdem nicht verhindern. Mit lauwarmen, dann kühlen und schließlich eiskalten Tüchern werden die Poren wieder verschlossen, ein Balsam in die Haut einmassiert und zum ersten Mal seit über 20 Tagen nehmen Teile meines Gesichtes wieder Sonnenlicht wahr. Wie das aussieht könnt Ihr Euch unter about us anschauen.

Wieder zivilisiert runden wir den Tag mit einem Gang durch den Market Square und durch die kleine Chinatown Victorias ab. Sehenswert ist dort die Fan Tan Alley, die schmalste Gasse Victorias und die kleinen chinesischen Läden, die davon abgehen. Teils verkaufen sie Touristenartikel, aber in einigen fühlt man sich auch in das Reich der Mitte versetzt.

In einem Café lassen wir uns nochmal nieder und versuchen die Eindrücke des Tages zu verarbeiten bevor wir zurück zum Motel laufen. Am Abend soll es wieder Chinatown werden, wohin wir zurücklaufen, um in einem der vielen kleinen asiatischen Restaurants ein chinesisches Menu zu uns zu nehmen. So groß wie asiatisches Essen immer ausfällt, so prall gefüllt sind auch unsere Mägen, als wir wieder den Spaziergang zum Travellers Inn antreten.

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