Port Hardy - Telegraph Cove - Sayward - Campbell River, British Columbia, Kanada
Port Hardy - Telegraph Cove - Sayward - Campbell River, British Columbia, Kanada


Wie wir Geschichte schreiben auf Vancouver Island
Tag 18: Port Hardy - Telegraph Cove - Sayward - Campbell River


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Echt kanadisch


Vor unserer Reise hatten wir vergeblich versucht, über Reisebüros oder Internet Informationen über Fortbewegungsmöglichkeiten auf Vancouver Island zu erhalten. Uns war klar gewesen, daß es hier, wieder zurück in der Zivilisation, einen Linienbusverkehr geben muß. Aber weder Fahrpläne noch Kontaktadressen waren zu bekommen.

Also erkunden wir die Fortbewegungsmöglichkeiten vor Ort. Zuerst ist jedoch Port Hardy selbst dran. Direkt vor unserem Thunderbird Inn entdecken wir auf einem gegenüberliegenden Parkplatz einige sternförmig angeordnete LKW's. Die Hecks der drei Fahrzeuge ragen in ein großes weißes Zelt hinein und überall prangt der Schiftzug British Columbia 2000. Wir wollen uns die Sache anschauen und werden freundlich hereingebeten.

farbenfroher Totem Port Hardy, Kanada 2000


British Columbia hat anläßlich des Jahres 2000 eine Wanderausstellung zu Geschichte, Natur und Wirtschaft des Landes auf die Reise geschickt und an diesem Tag warten die Trucks auf uns in Port Hardy. Schulklassen durchströmen mit ihren Lehrern die Ausstellung und haben in den einzelnen Trucks Aufgaben zu erfüllen und Informationen zu sammeln für wohl noch folgende Aufsätze. Die Aufregung ist groß und die Kinder nehmen uns kaum als Hindernisse wahr. Bergbau und Goldsuche sind selbstverständlich Themen der Ausstellung aber auch archäologische Ausgrabungen.

Wir schauen uns die kostenlose Exhibition an und sind bereit Geschichte zu schreiben. Das Jahrtausendbuch von Bristish Columbia liegt im zentralen Zelt aus und wartet darauf, von uns unterzeichnet zu werden. Claudia trägt uns ein und so werden wir bald im Museum von British Columbia ausliegen. Dort wird das Buch nach Abschluß der Wanderausstellung gezeigt und alle 14 Tage wird eine Seite des Buchs umgeschlagen werden. Irgendwann werden somit zahlreiche Besucher Zeuge sein, daß Claudia und Jens aus Hamburg BC bereist haben ...

Port Hardy erweist sich abgesehen von dieser Attraktion als überraschend klein. Nebel und Ebbe erwarten uns am Ufer, ein farbenprächtiger Totem und eine Visitor Information, die uns zumindest informiert, wo wir das Büro der Busgesellschaft Laidlaw finden. Laidlaw bietet einen täglichen Service entlang der Ostküste Vancouver Islands und die Möglichkeit, jederzeit den Bus zu verlassen und am nächsten Tag weiterzufahren. USD 89 würde man uns dafür pro Person abverlangen.

Wir kommen ins Grübeln. Der Preis liegt weit unter den Mietwagenangeboten, die wir uns vorab über Internet besorgt haben. Ein täglicher Service bedeutet allerdings, daß wir an jedem Ort, an dem wir uns für einen Ausstieg entscheiden 24 Stunden bleiben müssen. Zudem bedeutet die Abfahrtszeit in Port Hardy in den frühen Morgenstunden, daß wir noch den ganzen Tag in diesem Nest verbringen und somit vergeuden müßten.

Möglich und günstig ist die Reise mit Laidlaw sicherlich, aber wir hoffen, daß die Flexibilität eines Mietwagens die erheblichen Mehrkosten rechtfertigt und telefonieren mit National und Budget, den einzigen beiden Vermietern in Port Hardy. National hat kein Auto zur Verfügung, Budget kann uns in 30 Minuten abholen, die vollkommen unterschiedlichen Preismodelle sind sowieso kaum zu vergleichen. Also Budget !

Während Claudia im Supermarkt verschwindet, um für unser neues Fortbewegungsmittel schonmal Vorräte zu besorgen, Räume ich unser Zimmer und wir warten gemeinsam noch einige Minuten in der Sonne, die zwischenzeitlich den Nebel vertrieben hat.

Mit dem Wagen geht es erstmal zur Vermietstation am Flughafen, die Verträge werden unterzeichnet und wir sind wieder unterwegs. Diesmal mit einem Toyota Corolla und mit Bagels, die uns auf der Fahrt als verspätetes Frühstück dienen.

Knobs sieht man in Alaska immer wieder. Oftmals dienen sie als Dekoration oder als Säulen für die Veranda. Was ein Knob ist ?

Knobs sind Verdickungen an Bäumen die dadurch entstehen, daß sich unter der Rinde Insekten einnisten und der Baum um diese Fremdkörper eine Art Geschwulst bildet. Ist ein Baum einmal befallen, dann meist an mehreren Stellen, so daß er voller Verdickungen ist. Eine ungewöhnliche Architektur der Natur.

Knob mit mir als Größenvergleich Highway 19, Kanada 2000


Den größten Knob der Welt finden wir nahe Port McNeill am Highway 19. Nicht in unseren Reiseführern vertreten macht uns das Schild eines Holzbetriebes darauf aufmerksam, das bei Rodungsarbeiten auf ihn gestoßen ist. Die Maße dieses Baumknubbeln sind etwa 3 m x 4 m, wie Ihr auch an obigem Bild seht.

Wir machen einen kurzen Stop in Port McNeill, spazieren am Hafenbecken entlang und schauen rüber zu den nahe gelegenen Inseln, die man auch mit einer Fähre erreichen kann. Beide sollen ihren Reiz haben, in Alert Bay soll Kunsthandwerk zu fairen Preisen direkt von den First Nation zu erwerben sein. Wir rasten an einem Picknicktisch in der Sonne, inspizieren eine ausgestellte, alte Dampfmaschine und fahren weiter.

Kurze Zeit später nehmen wir die Abzweigung nach Telegraph Cove. Eine holprige Piste, die uns wieder Sorgen um das Auto bereitet. Die Beschilderung ist dürftig, mehr nach dem Instinkt, entscheiden wir uns an einer Kreuzung für die linke Abzweigung und fahren über eine kleine Brücke. Neben uns hängt eine alte Eisenbahnbrücke malerisch über dem kleinen Bach.

Die Frage, warum die Strecke so zerfurcht und schlecht befahrbar ist, beantwortet sich kurz später. Lange Holztransporter blockieren die Straße und laden Baumstämme aus nahen Wäldern auf einem Sammelplatz ab. Daneben bietet sich ein Bild, wie man es aus alten Filmen kennt und eigentlich nicht mehr als real erwartet hätte. Und fast so ist es auch. In Beaver Cove ist die letzte amerikanische Verladestation für Holz, die Baumstämme in Flößen zusammenführt und auf dem Wasser weitertransportiert.

Winzige Boote schaukeln abenteuerlich über das tiefblaue Wasser der Bucht und boxen die Holzstämme vor sich her, um sie zu Flößen zusammenzutreiben. Beim Zuschauen halten wir es eher für wahrscheinlich, daß die Boote kentern, als daß sie es schaffen, die Flöße zu stabilisieren und auf die Reise zu schicken. Wir folgen dem waghalsigen Unterfangen eine Weile, aber die Boote scheinen so gut austaxiert zu sein, daß ein Sinken unmöglich ist.

Als nächstes erwartet uns Telegraph Cove. Etwa 20 Häuser stehen hier in einer wunderschönen Bucht und mit einem eigenen Bootshafen. Alle Häuser sind neu renoviert, machen einen sehr guten Eindruck und dienen entweder als Shops, Restaurants oder Ferienhäuser. Alle Einwohner von Telegraph Cove sind in diese Umgebung gezogen und das komplette Nest dient nur dem Tourismus.

Entsprechend will man uns auch gleich über's Ohr hauen. Jeder Meter von Telegraph Cove besitzt entweder sein eigenes Parkverbotsschild oder eine Parkuhr. 12 km Schotterpiste, um dann am Ende abgezockt zu werden ? Erbost über diese Handhabung beschließen wir, möglichst wenig Geld hier zu lassen und stellen unseren Toyota im Parkverbot ab. Statt einem Mittagessen auf der Restaurantterasse mit Blick über die Bucht, bummeln wir nur an das Ende des Stegs, vorbei an den Häusern und schauen in die Souvenirshops rein.

Doch weder unserem Fahrzeug noch uns wird Beachtung geschenkt. Alle sind in fiebriger Erwartung der Cadillac Van Isle 360°, einer Segelregatta, die sich die gesamte Ostküste von Vancouver Island entlang zieht. An diesem Nachmittag werden die Schiffe in Telegraph Cove erwartet. Aus diesem Grund liegt auch kein einziges Schiff im Yachthafen des Nestes. Alle Liegeplätze mußten geräumt werden.

Ein Begleitfahrzeug ist bereits anwesend, aber niemand kann uns eine Uhrzeit sagen, wann mit den Wettstreitern zu rechnen ist. Das hänge vom Wind ab. So viel haben wir selbst als zugereiste Hamburger vom Segeln auch schon verstanden ! Daß es noch einige Stunden dauert, ist wohl offensichtlich. Zu lange für uns, beschließen wir und fahren wieder über die Holperpiste und Beaver Cove zurück zum Highway.

130 km Highway durch kanadischen Nadelwald trennen uns von der nächsten Abzweigung. Diesmal führt uns sogar eine Straße in den Küstenort. Sayward soll laut dem Official BC Visitors Guide über vier große Elchherden verfügen und auf der sogenannten Elk Demonstration Tour, einer Strecke durch den Wald um Sayward soll man mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Elche treffen.
Holzstämme in Vorbereitung auf den Seeweg Beaver Cove, Kanada 2000


Auf der Suche nach einer Ausschilderung fahren wir durch den kleinen Ort bis die Sackgasse in einem unspektakulären Industriehafen endet. Eine Art Roadhouse ist zwischen den metallverarbeitenden Firmen angesiedelt und wir treten ein, um nach dem Elk Walk zu fragen. Ratlose Blicke antworten uns, wir packen den Visitors Guide aus, ernten Kopfschütteln und fahren weiter. Im Ort entdecken wir eine Polizeistation, doch der Stützpunkt ist nicht besetzt, über ein Notruftelefon ist der Streifenwagen jedoch jederzeit zu erreichen. Diese Maßnahme erscheint uns etwas übertrieben, so daß ich es in der Post versuche. Es dauert nicht lange und die gesamte Postbelegschaft sowie alle Kunden stehen um mich rum. "Hey, es gibt Elche in Sayward!" ruft eine Postbeamtin aus, andere wollen den Abschnitt nochmal genauer lesen, um sich zu vergewissen, wo sie die Tiere denn finden können. Letztendlich kann uns niemand weiterhelfen und wir verlassen Sayward notgedrungen ohne Jagderfolg.

Als Trost für die vergebliche Elchsuche, gönnen wir uns selbst etwas antiquing, wie das in den USA fast schon als Sportart geltende Besuchen von Antik-Shops heißt. Von Lächerlichem bis Teurem finden wir alles, unterhalten uns mit verschiedenen Besitzern nett und fahren doch immer ohne Einkauf weiter.

Vom Highway aus nutzen wir den Ausblick auf die Seymour-Meerenge und können kurze Zeit später bereits die Elk Falls Mill unter uns an der Küste erkennen. Bis 4:30 Uhr werden täglich kostenlose Führungen durch die riesige Papiermühle angeboten. Zeitlich würden wir eine der letzten Führungen vielleicht noch schaffen, aber irgendwie sieht die Mühle aus der Vogelperspektive betrachtet nur nach einem schmutzigen Industriefleck in der unberührten Landschaft aus.

Somit steuern wir direkt Campbell River und erneut die Übernachtungsfrage an. Einige B&Bs haben wir bereits in diversen Broschüren gesammelt, fahren etwas durch die Stadt, um sie zu suchen und landen schließlich in Alder House B&B. Eine ganze Wohnung haben wir für einen guten Preis für uns allein und lernen mit der Besitzerin Carol die Stadtbibliothek von Campbell River kennen. Die Masse an Tips und Informationen, mit denen sie uns versorgt können wir gar nicht verarbeiten und filtern für uns ein Abendprogramm heraus, das wirklich interessant klingt: Abendessen auf Quadra Island.

Und das funktioniert wie folgt. Mit dem Auto fahren wir zur Painter's Lodge, einem exklusiven Hotel & Fishing Resort mit eigener Marina. Der Weg zum Ziel führt mitten durch das Gebäude und hier erlebt man einen der wenigen Momente, in denen man sich auf einer Alaska/Kanada- Reise unangemessen gekleidet fühlt. Aber außer uns stört das nicht wirklich jemanden. Den Ausgang zum Sportboothafen nehmen wir wieder und gehen über Holzstege mit kleinen Pavillions zum Bootanleger. Freundlich werden wir angesprochen und nennen unser Ziel. Das (für Gäste der April Point Lodge) kostenlose Shuttle ist gerade auf Quadra Island und wird per Funk informiert das Gäste warten.

Die Zeit vertreiben wir uns in der Sonne, beobachten die mit Painter's Lodge-Uniformen ausgestatteten Bootsarbeiter beim Vorbereiten von Booten für die Sportfischer, folgen den Weißkopfadlern, die in geringer Höhe über die Wasseroberfläche gleiten und einigen Ottern, die eher verspielt denn hungrig zu sein scheinen. Nach wenigen Minuten kommt dann ein Boot auf uns zu. Genau genommen eine Nußschale, auf der unser Fahrer 6 Personen transportieren darf. Auf unserer Seite warten inzwischen zwei weitere Gäste mit uns aber selbst zu viert muß man sich den Platz auf der Nußschale schon einteilen.

Im ersten Moment können wir nicht nachvollziehen, warum der Fahrer unseres langsam tuckernden Bootes Ohrenschützer trägt, sobald wir uns jedoch aus der Hörweite des Resorts entfernt haben, legt er den Hebel um und Gischtfontänen fliegen mit uns übers Wasser. Die Geräusche sind ohrenbetäubend, daß wir hin und wieder abheben merken wir erst, wenn die Nußschale wieder auf die Wasseroberfläche prallt und wir fragen uns, ob der Rückweg mit gefülltem Magen genauso geplant ist.

Doch der Weg ist nicht weit, die April Point Lodge war von der anderen Seite aus bereits auszumachen gewesen und mit wieder deutlich ruhigerer Fahrt laufen wir in das Hafenbecken auf Quadra Island ein. Die April Point Lodge ist nicht viel weniger exklusiv als die Painter's Lodge, versteht sich aber als Eco- und Outbreak-Resort. Die Insel ist zwar nicht sonderlich groß, aber fast die ganze Fläche steht für naturgebundene Wanderungen zur Verfügung. Faulere Gäste können sich natürlich auch Vespas mieten, deren Einsatzradius aufgrund der wenigen Straßen auf der Insel allerdings auch begrenzt ist.

Wir wollen uns unser Essen zuerst verdienen und erschließen einige Kilometer der Insel zu Fuß.Vorbei an Ferienhäusern der Lodge, hinein in Wald und Hinterland und wieder zurück ans Wasser, vorbei an privaten Ferienbungalows. Einen Privatweg zu einem Bootsanleger und zum felsigen Strand nehmen wir und setzen uns auf wahrscheinlich ebenfalls private Gartenstühle auf den Steg.Vor uns liegt eine kleine Bucht, die Sonne scheint gerade zu zweifeln, ob sie an einem so schönen Tag untergehen oder die ganze Nacht scheinen soll und eines der Fährschiffe passiert vor uns durch die Meerenge. Momente, in denen unzweifelhaft bei jedem von uns wieder die Gedanken hochkommen an das Auswandern, Einreisebestimmungen und daran, wie anders ein Leben doch sein kann.

Ob die Gedanken, der Seewind oder der Spaziergang den Magen knurren lassen ist schwer zu bestimmen. Auf jeden Fall machen wir uns auf den Rückweg zur April Point Lodge. Die Preise sind erwartungsgemäß hoch, für Sushi allerdings fair finde ich und für das Gesamterlebnis Quadra Island angemessen. Sushi ist also mein Abendessen, ein Thymianhuhn Claudias. Auf der Terasse sitzen wir mit Blick auf's Meer und einen weiteren verspielten Otter bis die Sonne unter- und die Heizstrahler um uns herum angehen.

Im Dunkeln bringt uns das Boot zurück von der dunklen Einsamkeit der Insel zur hell erleuchteten Painter's Lodge. Unser Auto bringt uns zum Alder House und ein anstrengender Tag sofort ins Bett.

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